Gesundheit verwalten. Frühneuzeitliche und kolonialgeschichtliche Perspektiven auf Europa und Asien im Gespräch

Gesundheit verwalten. Frühneuzeitliche und kolonialgeschichtliche Perspektiven auf Europa und Asien im Gespräch

Veranstalter
Philipp Horstmeier (SFB/TRR 138 “Dynamiken der Sicherheit”) / Prof. Dr. Inken Schmidt-Voges (Abteilung für Frühe Neuzeit, Philipps-Universität Marburg) / Jana Schreiber (Abteilung für Frühe Neuzeit, Philipps-Universität Marburg) / Prof. Dr. Benedikt Stuchtey (Seminar für Neueste Geschichte, Philipps-Universität Marburg)
PLZ
35032
Ort
Marburg
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
11.09.2024 - 12.09.2024
Deadline
08.04.2024
Von
Jana Schreiber, FB 06, Neuere Geschichte I /Frühe Neuzeit, Philipps-Universität Marburg

Der Workshop wird vom Teilprojekt "Sicherheit und Empire" des SFB/TRR 138 “Dynamiken der Sicherheit” vertreten durch Prof. Dr. Benedikt Stuchtey und Philipp Horstmeier in Kooperation mit der Abteilung für Frühe Neuzeit der Philipps-Universität Marburg, vertreten durch Prof. Dr. Inken Schmidt-Voges und Jana Schreiber, veranstaltet. Er lädt Nachwuchswissenschaftler*innen ein, ihre laufenden Projekte vorzustellen und bietet somit auch einen Ort der persönlichen Vernetzung.

Gesundheit verwalten. Frühneuzeitliche und kolonialgeschichtliche Perspektiven auf Europa und Asien im Gespräch

Der Workshop nimmt Herausforderungen und Perspektiven des administrativen Handelns während medizinischer Notlagen vom 16. bis ins 19. Jahrhundert neu in den Blick. Hierfür sollen Erfahrungsräume im frühneuzeitlichen Europa und kolonialen Kontexten vergleichend betrachtet werden, die beide auszeichnet, dass öffentliche Strukturen dort im Entstehen begriffen waren, die eng mit weiteren sozialen Institutionen und Praktiken verknüpft waren. Insbesondere die praxeologischen Studien der Frühneuzeit-Forschung haben bereits dargelegt, wie sich obrigkeitliche Herrschaft als soziale Praxis zeigt, die durch unterschiedliche Akteur:innen auf verschiedenen Ebenen ausgehandelt und ausgeübt wurde. Die Analogien frühneuzeitlicher und kolonialer Herrschaftssysteme ermöglichen das Aufzeigen von Verflechtungen zwischen zeitlich disparaten Vorgehen. So soll der historiographische Blick der Institutionengeschichte erweitert sowie herrschaftliches Handeln in medizinischen Krisen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden.

Medizinische Notlagen, wie Epidemien oder Kriege, implizieren für herrschaftliche Strukturen stets besondere Herausforderungen und erfordern rasche Maßnahmen zum Schutz der körperlichen Gesundheit. Die damit einhergehenden ökonomischen und sozialen Folgen bedrohten nicht nur die Stabilisierung von Herrschaftssystemen, sie irritierten zudem althergebrachte institutionelle Zuständigkeiten und Expertisen. Gesundheitliche Krisen können folglich als Momente verdichteten herrschaftlichen Agierens verstanden werden, die deshalb besonders in Perioden akkumulierender „Staatlichkeit“ bzw. (noch) nicht-staatlicher Herrschaftsordnungen, wie in der Frühen Neuzeit und der Kolonialgeschichte, vielversprechende und komparative Untersuchungsgegenstände darstellen.
Die frühneuzeitlichen Pestwellen beispielsweise, gingen mit Nahrungsknappheiten, hohen Todeszahlen und politischen Aufständen einher. Obrigkeitliche Maßnahmenkataloge versuchten dem entgegenzuwirken und mussten konträre Wissensbestände sowie konkurrierenden Normvorstellung diverser (heilkundiger) Akteur:innen vereinen. Dies erforderte flexible und ambige Handlungsweisen, wie die Gewährung von Dispensen an Heilkundige, die keine institutionelle Qualifikation aufweisen konnten. Derartige Irritationen der sozialen Ordnung führten jedoch auch zu Konflikten und machen die Komplexität der Bewältigungsmechanismen von medizinischen Notlagen deutlich.
Der Kolonialstaat war auf Basis seiner Grundmechanismen, die auf Gewalt und Extraktion von Kapital aus kolonisierten Gebieten zielten, stets gefährdet. Anhand seiner Bewältigungsstrategien in pandemischen Situationen am Ende des 19. Jahrhunderts zeigt sich, wie Notlagen Tätigkeits- und Kompetenzbereiche von Gesundheitswesen in Frage stellten und Beteiligte zwang, ökonomische und soziale Ordnungen zu hinterfragen und neuzustrukturieren. Das Aufeinandertreffen und die Durchsetzung von wissenschaftlichen Methoden in den Kolonien ist ein bemerkenswertes Beispiel der oben skizzierten Prozesse. Dabei kamen diese Handlungsweisen, durch ihre Nähe zum Kolonialstaat, in Konflikt mit lokalen Traditionen und Praktiken. Wissenskommunikation und -anwendung durch staatliche Organe wurden in diesem Fall zu Sicherheitsrisiken und verlangten neuartige Strategien.

Um dieses Themenfeld zu diskutieren, laden wir Doktorand:innen sowie Postdoktorand:innen der neueren und neuesten Geschichte ein, sich mit folgenden Themen und Fragestellungen zu bewerben:

- Welche herrschaftlichen Handlungsstrategien lassen sich im Umgang mit medizinischen Notlagen ausmachen? Wie und durch welche Akteur:innen wurden diese umgesetzt? Welchen historischen Wandel durchliefen sie?
- Unter welchen Umständen wird medizinisches Wissen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert ein administratives Mittel und damit sowohl ein Garant für Sicherheit als auch eine potentielle Quelle von Unsicherheit?
- Welche Einflüsse hatten medizinische Notlagen auf den medizinischen Markt und die konkurrierenden heilkundigen Akteur:innen in Europa und Asien?

Andere, dem Thema im weitesten Sinne verwandte Fragestellungen und Projekte sind ebenfalls willkommen.

Organisatorisches und Ablauf
Der Workshop wird vom Teilprojekt "Sicherheit und Empire" des SFB/TRR 138 “Dynamiken der Sicherheit” vertreten durch Prof. Dr. Benedikt Stuchtey in Kooperation mit der Abteilung für Frühe Neuzeit der Philipps-Universität Marburg, vertreten durch die Professur Prof. Dr. Inken Schmidt-Voges, veranstaltet. Er lädt Nachwuchswissenschaftler:innen ein, ihre laufenden Projekte vorzustellen und bietet somit auch einen Ort der persönlichen Vernetzung.

Die Vorträge sollten nicht länger als max. 20 Minuten sein. Im Anschluss stehen 25 Minuten zur Diskussion zur Verfügung (insg. 45 Minuten pro Beitrag). Die Tagungssprache ist Deutsch, wobei einzelne Vorträge auch auf Englisch gehalten werden können.
Der Workshop findet am 11. und 12. September 2024 in Marburg statt.
Die Übernachtungen, gemeinsame Mahlzeiten und Bahnreisen 2. Klasse werden vom SFB/TRR 138 übernommen.

Anmeldung
Zur Anmeldung senden Sie uns bitte bis zum 08.04.2024
- ein Exposé zum Vortrag (max. 1 Seite)
- Kurzvita
per E-Mail an Philipp Hostmeier: horstmep@staff.uni-marburg.de und Jana Schreiber: jana.schreiber@uni-marburg.de.

Kontakt

Philipp Hostmeier: horstmep@staff.uni-marburg.de
Jana Schreiber: jana.schreiber@uni-marburg.de